Ich heiße Anna Regeniter und komme ursprünglich aus einer kleinen Stadt bei Dortmund. Ich habe lange Zeit in London gewohnt und bin dann vor sechs Jahren nach Manchester gezogen.
1. Warum bist du ins Ausland umgezogen?
Als ich ungefähr 13 Jahre alt war entwickelte ich eine regelrechte Obsession mit Großbritannien. Ich liebte alles, was britisch war: Popmusik, britische Literatur, britische Filme, britische Komödien. Ich war überzeugt, dass ich aus Versehen im falschen Land geboren worden war, und sobald sich die Möglichkeit ergab, zog ich um.
2. Woher beziehst du dein Einkommen (Arbeiten? Erzähl uns von deinem Erlebnis)?
Ich habe sowohl eine Lehrer- als auch eine Journalistenausbildung in London gemacht und vor einigen Jahren das Buch Ein Jahr in London im Herder Verlag veröffentlicht. Im Moment arbeite ich als Vertretungslehrerin, was fantastisch ist, weil ich so viel oder so wenig arbeiten kann, wie ich möchte. Und mir auch mitten im Schuljahr mal eine Woche Urlaub nehmen kann (mein Bankmanager findet das allerdings weniger fantastisch).
3. Wie oft kommunizierst du mit deiner Familie und mit deinen Freunden, die noch in Deutschland wohnen? Und wie (Skype, Facebook, usw… )?
Ich fliege mehrmals im Jahr nach Hause und habe dann einen kürzeren Heimweg als Schulfreunde, die in andere Ecken Deutschlands gezogen sind. Und für die Zeit dazwischen gibt es ja noch das gute alte Telefon. Und Facebook – obwohl viele Deutsche dem etwas mißtrauischer gegenüberstehen zu scheinen als die Briten. Oder vielleicht sind das nur meine leicht paranoiden Freunde.
4. Was liebst du am meisten in the UK?
Ganz ohne Frage die Menschen mit ihrem oft surrealem Humor und ihrer Selbstironie. Der irische Comedian Dara O’Brien meinte einmal, die Iren seien ein kleines Volk, dass sich ständig in den Himmel loben würde, während England ein großes Land sei, dass sich selbst herunterreden würde. Dieses Understatement und dass Misstrauem gegenüber allem Großprotzigen mag ich sehr.
5. Was ärgert dich am meisten in the UK ?
Das gleiche, was ich an den Briten liebe, stört mich auch manchmal. Wie zum Beispiel ihre stoische Ruhe, die leider auch dazu führt, dass sie sich auch über wirkliche Probleme nicht allzu groß aufregen. So wäre es in Deutschland sicherlich unvorsstellbar, dass plötzlich die Studiengebühren auf über 10.000 Euro pro Jahr erhöht würden. Natürlich gab und gibt es auch hier Proteste, aber die Mehrheit der Leute scheint es einfach mehr oder weniger akzeptiert zu haben.
6. Was fehlt dir am meisten?
Katjes, Currywurst, Mohnkuchen, das Geballer an Silvester, Osterfeuer, Buttermilch, Wälder (in den Mooren von Nordengland wächst nicht viel) und heiße Sommer. Dafür habe ich hier eine Unmenge an Dingen, die mir in Deutschland fehlen würden, angefangen beim fantastischen Fernsehprogramm über die schöne Architektur bis zu der Tatsache, dass man nie weit vom Meer entfernt ist.
7. Was hast du getan, um neue Leute zu treffen und dich in dein neues Zuhause zu integrieren?
Am Anfang habe ich immer in WGs gewohnt, was wohl die einfachste Art ist, neue Bekanntschaften zu schließen. Im ersten Jahr allerdings hatte ich wenig Kontakt zu wirklichen Briten, weil eine so große Zahl an jungen Leuten in London ebenfalls aus dem Ausland kommt. In Manchester sieht das sehr anders aus. Hier ist man als Deutsche schon fast etwas Besonderes, und für viele meiner Schüler bin ich die erste ‚real German‘, die sie getroffen haben. Leider hält die Faszination des Neuen nie lange...
8. Welche Gewohnheit findest du am seltsamsten in deiner Wahlheimat?
Das etwas ausufernde Feiern von Junggesellen- und Junggesellinnenabschieden finde ich noch immer etwas merkwürdig. Genauso wie die Fähigkeit, bei Minustemperaturen im T-Shirt oder Minirock herumzulaufen. Das muss den Briten ganz ohne Zweifel angeboren sein.
9. Was ist ein Mythos über deine Wahlheimat?
Weder das Wetter noch das Essen sind so übel, wie von manchen behauptet wird. Um es ein für allemal klar zu stellen: in Köln liegt der durschnittliche Jahresniederschlag bei 800mm, in London nur bei 650mm. Na also!
Und was das Essen angeht, ist es wohl kein Wunder, dass viele britische Köche wie Jamie Oliver oder Heston Blumenthal sich mittlerweile auch in Deutschland einen Namen gemacht haben. Die Zeiten, wo man nur zwischen Fish’n’Chips und Meat Pie die Wahl hatte, sind lange vorbei.
10. Welchen Rat würdest du anderen Expats geben?
Am allerwichtigsten: Eastenders gucken und Coronation Street und Emmerdale, und überhaupt soviel Fernsehen wie möglich. Wer beim letzten Tratsch über Phil Mitchells neuste Eskapaden mitreden kann, hat praktisch den Sprung in die britische High Society geschafft.
11. Wann und warum hast du dein Blog begonnen?
Ich habe erst vor ein paar Monaten begonnen, unter anderem, weil ich es leid war, dass Leute in Deutschland mich immer schief anschauten, wenn ich ihnen erzählte, wie schön Manchester und der englische Norden seien. Der Touristikverband des Vereinigten Königreiches sollte mir dankbar sein!
12. Wie ist dein Blog nutzbringend?
Vielleicht gibt er Leuten einen kleinen Einblick in das Leben in England. Und für mich ist er immer wieder die perfekte Entschuldigung, meine Unterrichtsvorbereitungen noch für eine weitere Stunde aufzuschieben.
Anna's blog, Anna in the UK
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